Projektbeschreibung

Demografischer Wandel

Neben der aktuell stattfindenden Transformation ist die Fachkräftesicherung Thema Nr. 1

Bis 2040 wird ein Rückgang der Gesamtbevölkerung Thüringens um ca. 24% erwartet

Dekarbonisierung

Bundeseinheitliche Zielsetzung der Reduzierung von Emissionen und zur Einhaltung von Klimazielen im Bezug auf „ANeTT“ z.B. durch die Förderung der E-Mobilität und grüner Wasserstoff sowie Ladetechnologien.

Digitalisierung/Automation

Beschäftigte sollen in neu benötigten Kompetenzen geschult bzw. qualifiziert sowie auf die veränderten Anforderungen vorbereitet werden.

Thüringen besitzt eine lange Tradition sowohl in der Fahrzeugherstellung als auch in der Zulieferindustrie. Insbesondere die Standorte Eisenach (PKW), Waltershausen (Nutzfahrzeuge) und Suhl (Zweiräder) konnten so zu internationalem Ruf gelangen. Auch die Zulieferindustrie in den südlichen Landesteilen um Bad Salzungen, Schmalkalden, Hildburghausen und Sonneberg oder im Norden Thüringens mit Mühlhausen, Sömmerda, Kölleda, Sondershausen und Nordhausen trägt nicht nur wesentlich zur industriellen Wertschöpfung in Thüringen bei, sondern kann in der europäischen Fahrzeugindustrie seine Kompetenz unter Beweis stellen. Heute zählt die Automobil- und Zulieferindustrie zu den bedeutendsten Industriebranchen in Thüringen.

Durch den weltweiten Wandel der Automobil- und Zulieferindustrie steht auch die Thüringer Branche vor einer dreifachen Herausforderung: Sie ist erstens einem besonders hohen Transformationsdruck durch die Veränderung der Produkttechnologie ausgesetzt. Der Großteil ihrer Beschäftigten arbeitet zweitens in Berufen, deren Tätigkeits- und Kompetenzprofile stark von Digitalisierung und Automatisierung der Fertigungsprozesse betroffen sind. Drittens bleibt die Deckung des Fachkräftebedarfes angesichts der demografischen Entwicklung eine große Herausforderung.

Vor diesem Hintergrund und getragen von dem Ziel einer kontinuierlichen Transformationsfähigkeit sowohl der Thüringer Unternehmen als auch der Thüringer Regionen soll mit Hilfe des Netzwerkes ANeTT deren Resilienz hinsichtlich wirtschaftlicher, technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen erhöht und nachhaltig verankert werden. Hierzu ist der gezielte Aufbau einer transformationsunterstützenden Struktur auf regionaler Ebene erforderlich.

Mit der Pilotregion Westthüringen, bestehend aus dem Wartburgkreis, den Landkreisen Sömmerda, Gotha und Schmalkalden-Meiningen, dem Ilm-Kreis sowie dem Unstrut-Hainich-Kreis wird für ANeTT gezielt eine Region definiert, welche mit den Polen in der Automobilhochburg Eisenach und dem Technologiezentrum Erfurter Kreuz einen innovationsförderlichen Bogen zwischen Tradition und Moderne spannt. Zudem sind mit dem Landkreis Sömmerda sowie dem Wartburgkreis die zwei thüringer Kreise einbezogen, welche durch ihre starke Konzentration auf Antriebstechnologien besonders stark vom Strukturwandel betroffen sein werden.

Ausgangssituation Automobilstandort Thüringen

Thüringen besitzt eine lange Tradition sowohl in der Fahrzeugherstellung als auch in der Zulieferindustrie. Insbesondere die Standorte Eisenach (PKW), Waltershausen (Nutzfahrzeuge) und Suhl (Zweiräder) konnten so zu internationalem Ruf gelangen. Auch die Zulieferindustrie in den südlichen Landesteilen um Bad Salzungen, Schmalkalden, Hildburghausen und Sonneberg oder im Norden Thüringens mit Mühlhausen, Sömmerda, Kölleda, Sondershausen und Nordhausen trägt nicht nur wesentlich zur industriellen Wertschöpfung in Thüringen bei, sondern kann in der europäischen Fahrzeugindustrie seine Kompetenz unter Beweis stellen.

Mit der wirtschaftlichen Transformation Anfang der 1990er Jahre vollzog sich auch in der Thüringer Automobilindustrie ein gravierender Wandel nicht nur der politischen, sondern vor allem der wirtschaftlichen und industriellen Strukturen. Insbesondere wurden so die staatlich gelenkten Kombinate in kleinere Strukturen transformiert, welche sich vorwiegend als Zulieferer in der Branche positionierten. Verbunden mit der gezielten Standortvermarktung und Ansiedlungspolitik für Fertigungsstandorte größerer Hersteller und Zulieferer entstand die Wirtschaftsstruktur, welche mittlerweile den Freistaat Thüringen prägt.

Heute zählt die Automobil- und Zulieferindustrie zu den bedeutendsten Industriebranchen in Thüringen. Sie umfasste Ende 2020 im engeren Sinn 108 Unternehmen mit fast 29.000 Beschäftigten und erwirtschaftete in 2020 einen Umsatz von knapp 4,9 Milliarden Euro, davon rund 1,2 Milliarden Euro im Ausland. Sie ist damit eine der umsatzstärksten Branchen im Freistaat.

Die Branche hat eine herausgehobene Bedeutung für die gesamte industrielle Wertschöpfung Thüringens. Zahlreiche Zulieferunternehmen sind statistisch anderen Branchen zugeordnet (z. B. Maschinenbau, Kunststoffindustrie, Metallindustrie, Elektroindustrie, Industriedienstleistern usw.), sodass die aktuellen Herausforderungen der Automobilzulieferindustrie im weiteren Sinne wesentlich mehr Thüringer Unternehmen betreffen, als in der amtlichen Statistik ausgewiesen sind.

Die Unternehmens- und Technologiedatenbank der LEG Thüringen zählt etwa 530 Unternehmen (Unternehmen der Kernbranchen, weitere Zulieferer und Dienstleister) in dem Wachstumsfeld Automobil. Nach der aktuellen Studie der IW Consult GmbH aus 2021 (IW-Studie) gehören in Thüringen fast 75.000 Beschäftigte zum Kreis der Automobilzulieferer. Dies entspricht einem Beschäftigtenanteil von 7 % und liegt knapp unter dem Bundesdurchschnitt.

 

Herausforderungen des Technologiewandels der Thüringer Automobilindustrie

Die Automobilindustrie befindet sich weltweit in einem tiefgreifenden Strukturwandel, dem sich die Thüringer Automobil- und Zulieferindustrie bereits seit Jahren stellt. Im Rahmen der Tiefenanalyse zur Thüringer Kfz-Industrie wurden 2018 die möglichen Herausforderungen aus den sich ändernden Rahmenbedingungen analysiert. Aufbauend auf den produktbezogenen Markttrends zu neuen Antrieben, neuen Werkstoffen und neuen Funktionen (Vernetzung, Automatisierung), den prozessbezogenen Trends zu mehr Digitalisierung sowie den kundenbezogenen Trends zu neuen Mobilitätsstrukturen wurden Chancenfelder für die Thüringer Industrie in den Bereichen „Interieur der Zukunft“, „leichte Nutzfahrzeuge“ und „kognitives Auto“ identifiziert und sollen im Rahmen der „Automotive Agenda Thüringen“ gezielt als Industrienetzwerke entwickelt werden. Mit dem Thüringer Projekt „Transformations-KNOTEN Interieur“ werden die Chancen und Potentiale insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen adressiert, woraus technologische Impulse für substitutionsbedrohte Unternehmen erwachsen werden.

Ausgehend von den regional unterschiedlichen Technologie- bzw. Produktschwerpunkten wurden die Beschäftigungswirkungen des Strukturwandels auf die Thüringer Automobil- und Zulieferindustrie in der oben genannten Strukturanalyse des automotive thüringen e.V. (at) 2020 bewertet und konstatiert, dass sich für die Regionen ein sehr unterschiedliches Bild abzeichnet und insbesondere in der Region Nordwestthüringen und den Produktbereich „Antrieb“ negative Beschäftigungswirkungen zu erwarten sind.

 

Chancen eines Transformationsnetzwerkes

Die Detailanalyse der IW-Studie macht deutlich, dass die Einflussfaktoren für einen erfolgreichen Transformations- bzw. Wandlungsprozess zum einen in den unternehmensinternen Voraussetzungen und zum anderen in den standortspezifischen Gegebenheiten liegen.

Mit der Automotive Agenda Thüringen von 2018 und dem Grundsatzpapier zur Fortschreibung von 2020 wurden eine Vielzahl von Maßnahmen identifiziert und größtenteils bereits umgesetzt, um mit Strukturen und Instrumenten auf Landesebene den Transformationsprozess zu begleiten. Die Steigerung der Innovationsfähigkeit der Unternehmen sowie deren Ausrichtung auf die künftigen Wachstumsmärkte stehen dabei ebenso im Fokus wie die Kompetenzentwicklung der Belegschaften. Durch eine potentialorientierte Förderung von Forschung und Entwicklung werden weitere Impulse für unternehmerische Investitionen und in der Folge für die weitere Ausprägung der Kompetenzen der Belegschaften gesetzt. Mit der Einrichtung der Koordinierungsstelle der Thüringer Allianz der Automobil- und Zulieferindustrie und deren Fortentwicklung zur Thüringer Transformationsagentur Automotive (TTA) wurde eine weitere wichtige Strukturentscheidung zur kontinuierlichen Unterstützung der Branche getroffen. Die TTA ist in bestehende Institutionen und Aktivitäten auf Landesebene eingebettet und damit in besonderer Weise als ein landesweiter Netzwerkknoten eines Transformationsnetzwerkes aufgestellt.

 

Pilotregion Westthüringen

Mit der Pilotregion Westthüringen, bestehend aus dem Wartburgkreis, den Landkreisen Sömmerda, Gotha und Schmalkalden-Meiningen, dem Ilm-Kreis sowie dem Unstrut-Hainich-Kreis wird für ANeTT gezielt eine Region definiert, welche mit den Polen in der Automobilhochburg Eisenach und dem Technologiezentrum Erfurter Kreuz einen innovationsförderlichen Bogen zwischen Tradition und Moderne spannt.

Die Zusammenfassung von Standorten erfolgt dabei gezielt, um sowohl Chancen- als auch Risikofelder mit hohen Synergiepotentialen abzudecken. Prägende Kompetenzen der einzelnen Gebiete in der Pilotregion sind sowohl konventionelle Antriebstechnologien und Karosserie (Wartburgkreis, LK Sömmerda), als auch Interieur (Ohrdruf), Elektronik (Erfurt) und Automatisierung (Ilmenau).

Beschäftigungseffekte durch den Strukturwandel in den Regionen prognostiziert.
Wirtschaftlich stellt die Pilotregion Westthüringen mit ca. 55 % der Unternehmen, 65 % der Beschäftigten und ca. 75 % des Umsatzes die wichtigste Region der Branche in Thüringen dar und beinhaltet neben den wirtschaftsstarken Landkreisen Wartburgkreis und Landkreis Sömmerda mit dem Industriegebiet Erfurter Kreuz (Ilm-Kreis) zudem ein Gebiet mit hohem Wachstumspotential und großer Strahlkraft.

 

Netzwerkkonzept

Getragen von dem Ziel einer kontinuierlichen Transformationsfähigkeit sowohl der Thüringer Unternehmen als auch der Thüringer Regionen soll mit Hilfe des Netzwerkes ANeTT deren Resilienz hinsichtlich wirtschaftlicher, technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen erhöht und nachhaltig verankert werden. Hierzu ist der gezielte Aufbau einer transformationsunterstützenden Struktur auf regionaler Ebene erforderlich. Die geplanten Ansätze zur Transformationsunterstützung fokussieren dabei im Kern auf die Transformationsfähigkeit der Unternehmen, die Transformationskompetenz der Beschäftigten und die Transformationsattraktivität der Regionen. Das Transformationsnetzwerk ANeTT adressiert daher Unternehmen, Beschäftigte und Regionen als Subjekte des Transformationsprozesses.

Zentraler Ansatzpunkt für die Stärkung der Transformationsfähigkeit der Unternehmen der Thüringer Automobil- und Zulieferindustrie ist der Kompetenzaufbau der Beschäftigten in den Chancenfeldern der Transformation in Verbindung mit einem projektorientierten Know-how-Aufbau in den Unternehmen. Gelingen soll dies durch eine Struktur von dezentralen Qualifikations-, Transfer- und Innovations-Knoten. Die QTI-Knoten repräsentieren ein Konzept zum integrierten Kompetenzaufbau in Unternehmen, welches aufbauend auf dem dualen Ausbildungssystem

1. die Qualifikation der Beschäftigten mit dem

2. Wissenstransfer aus den Hochschulen und

3. konkreten Praxisprojekten ihrer Unternehmen verbindet und in

4. Technologie- oder Produktinnovationen bis hin zu Gründungsprozessen münden kann.

Diese neuartige Idee der Verbindung von Qualifikation der Beschäftigten mit bedarfsorientierter Innovation in den Unternehmen der Beschäftigten soll nicht nur eine win-win-Situation für Unternehmen und Beschäftigten, sondern vor allem eine transformationsunterstützende Struktur für ganze Regionen und Branchen bewirken.

 

Umsetzung des Projektes ANeTT

Den Wandel in der Thüringer Automobilindustrie mitgestalten – das ist das Ziel der Automotive NetzwerksTransformation Thüringen (ANeTT) für die Pilotregion Westthüringen. Gemeinsam mit Unternehmen, Gewerkschaften, Betriebsräten und Kommunen wollen wir im Rahmen des Pilotprojekts nach konkreten, auf die wirtschaftlichen Strukturen der Region zugeschnittenen Lösungen für die Bewältigung des laufenden Strukturwandels in der Automobilindustrie suchen. Träger der Initiative, die durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) gefördert ist, ist ein Thüringer Konsortium. Konsortialführer ist die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen. Weitere Mitglieder sind die Industrie- und Handelskammer Erfurt (IHK) und das Thüringer Innovationszentrum Mobilität (ThIMo) in Ilmenau.